Die Richtlinie (EU) 2019/1152 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 20. Juni 2019 über transparente und vorhersehbare Arbeitsbedingungen in der Europäischen Union (in weiterer Folge kurz „Transparenzrichtlinie“) sieht unter anderem (erweiterte) Informationspflichten für den Arbeitgeber gegenüber den Arbeitnehmern vor. Aufgrund der Änderungen im Zusammenhang mit dem Dienstzettel wird sich in aller Regel Überarbeitungsbedarf für Dienstzettel- bzw. Arbeitsvertragsmuster aber auch für freie Dienstverträge ergeben. Anlässlich der Gesetzesänderung sollten somit bestehende Muster geprüft und überarbeitet werden.

In diesem ersten Beitrag behandeln wir die erweiterten Informationspflichten für die Arbeitgeber:innen. Änderungen ergeben sich hier insbesondere zu den Mindestinhalten der Informationspflichten als auch hinsichtlich der Rechtsfolgen, wenn den Verpflichtungen im Zusammenhang mit dem Dienstzettel nicht ausreichend nachgekommen wird. Der Nationalratsbeschluss sieht dazu wie folgt vor:

 

1. Basics: Informationspflichten für die Arbeitgeber:innen

Auch bisher bestand für Arbeitgeber:innen die Verpflichtung, ihren Arbeitnehmer:innen anlässlich

  • der Begründung des Arbeitsverhältnisses,
  • einem Auslandseinsatz mit einer Dauer von mehr als einem Monat,
  • der Änderung gewisser Arbeitsbedingungen

einen Dienstzettel, Auslandsdienstzettel oder Änderungsdienstzettel auszustellen.

Diese Verpflichtung besteht hingegen nicht, wenn ein schriftlicher Arbeitsvertrag, eine schriftliche Entsendevereinbarung oder eine schriftliche Änderungsvereinbarung (mit sämtlichen Inhalten des Dienstzettels, Auslandsdienstzettels, Änderungsdienstzettels) abgeschlossen wurde.

An dieser Systematik soll sich auch weiterhin nichts ändern – die Dienstzettelinhalte müssen weiterhin entweder in einem Arbeitsvertrag (oder einer sonstigen Vereinbarung) schriftlich vereinbart oder in einem Dienstzettel festgehalten werden.

Die Dienstzettelpflicht bestand auch bislang nicht nur für echte Arbeitnehmer:innen, sondern auch für (gewisse) freie Dienstnehmer:innen. Auch für diese ändern sich unter anderem die Mindestinhalte des Dienstzettels.

 

2. Erweiterung der Mindestinhalte des Dienstzettels und Auslandsdienstzettels

Die Mindestinhalte des Dienstzettels sollen nunmehr um die folgenden inhaltlichen Punkte erweitert werden:

  • Hinweis auf das einzuhaltende Kündigungsverfahren
  • Sitz des Unternehmens
  • (kurze) Beschreibung der zu erbringenden Arbeitsleistung
  • Vergütung von Überstunden
  • Art der Auszahlung des Entgelts
  • Angaben zu den Bedingungen für die Änderung von Schichtplänen (sofern zutreffend)
  • Name und Anschrift des Trägers der Sozialversicherung
  • Dauer und Bedingungen der vereinbarten Probezeit
  • Anspruch auf eine von den Arbeitgeber:innen bereitgestellte Fortbildung (sofern ein solcher Anspruch besteht)

Darüber hinaus sollen auch die Mindestinhalte eines Auslandsdienstzettels erweitert werden. Ein solcher Auslandsdienstzettel ist immer dann auszustellen, wenn der:die Arbeitnehmer:in seine:ihre Tätigkeit länger als einen Monat im Ausland verrichten soll.

 

3. Neue Frist zur Ausstellung eines Änderungsdienstzettels

Ändern sich die Inhalte des Dienstzettels, ist ein Änderungsdienstzettel auszustellen. Ein solcher Änderungsdienstzettel ist nach der bis dato geltenden Rechtslage unverzüglich, spätestens jedoch innerhalb eines Monats ab Wirksamwerden der Änderung auszustellen. Die Neuregelung sieht jedoch vor, dass solche Änderungsdienstzettel spätestens am Tag ihres Wirksamwerdens mitzuteilen sind. Von der Verpflichtung zur Ausstellung eines Änderungsdienstzettels bestehen weiterhin gewisse Ausnahmen (wie z. B. Änderungen, die sich ausschließlich und unmittelbar aus der dienstzeitabhängigen Vorrückung im kollektivvertraglichen Gehaltsschema ergeben).

 

4. Form des Dienstzettels

Eine Neuerung soll sich hinsichtlich der Form des Dienstzettels (inkl. Auslands- und Änderungsdienstzettels) ergeben. Bisher waren diese schriftlich auszustellen. Nunmehr ist jedoch vorgesehen, dass der Dienstzettel zukünftig – nach Wahl des:der Arbeitnehmers:in – elektronisch übermittelt werden kann. Die Form der Ausstellung bzw. Übermittlung kann somit nicht durch die Arbeitgeber:innen gewählt werden.

 

5. Rechtsfolgen bei Verletzung der Dienstzettelpflicht

Neu sind auch die folgenden Rechtsfolgen für den Fall, dass kein ordnungsgemäßer Dienstzettel ausgestellt wird:

  • Stellt der:die Arbeitgeber:in keinen Dienstzettel bzw. Auslandsdienstzettel aus, drohen Verwaltungsstrafen zwischen EUR 100 und EUR 436. Der Strafrahmen erhöht sich auf EUR 500 bis EUR 2.000, wenn mehr als fünf Arbeitnehmer:innen betroffen sind oder innerhalb von drei Jahren eine neuerliche Übertretung vorliegt. Die Verwaltungsstrafe soll nicht je betroffenem:r Arbeitnehmer:in kumuliert werden. Nach Einleitung eines Verwaltungsstrafverfahrens hat die Bezirksverwaltungsbehörde von der Verhängung einer Geldstrafe abzusehen, wenn der:die Arbeitgeber:in dem:der Arbeitnehmer:in zwischenzeitlich nachweislich einen Dienstzettel ausgehändigt hat und das Verschulden des:der Arbeitgebers:in gering ist.
  • Für den Fall, dass der:die Arbeitnehmer:in die Ausstellung eines Dienstzettels verlangt und deshalb gekündigt wird, kommt dem:der Arbeitnehmer:in ein Recht zur Kündigungsanfechtung zu. Vorab zur Kündigungsanfechtung kann der:die Arbeitnehmer:in vom:der Arbeitgeber:in eine schriftliche Begründung für die Kündigung verlangen, welche vom:der Arbeitgeber:in binnen fünf Kalendertagen auszustellen ist. Die Nichtausstellung einer schriftlichen Begründung führt jedoch zu keinen unmittelbaren Konsequenzen.
  • Abgesehen von der Kündigung darf der:die Arbeitnehmer:in auch sonst im Arbeitsverhältnis aufgrund der Geltendmachung des Anspruchs auf einen Dienstzettel (Auslandsdienstzettel, Änderungsdienstzettel) nicht benachteiligt werden.

 

6. Gesetzgebungsprozess – aktueller Stand

Die neuen Regelungen wurden bereits im Nationalrat beschlossen. Der Beschluss durch den Bundesrat sowie die Veröffentlichung im Bundesgesetzblatt sind noch ausständig – die Gesetzwerdung bleibt also abzuwarten.

Auch ein konkretes Datum für das Inkrafttreten steht bislang noch nicht fest. Laut Nationalratsbeschluss sollen die Änderungen betreffend der Dienstzettelpflicht mit dem auf die Kundmachung im Bundesgesetzblatt folgenden Tag und nur für ab diesem Zeitpunkt abgeschlossene Arbeitsverträge in Kraft treten.

Änderungen hinsichtlich Mehrfachbeschäftigung, Aus-, Fort- und Weiterbildung sowie zu Kündigungsschutz und Benachteiligungsverbot lesen sie hier.

ANSPRECHPARTNERINNEN

Elisabeth Wasinger

Elisabeth Wasinger

Lisa Jobst

Lisa Jobst