Die Frage, ob Bearbeitungsgebühren bei der Kreditvergabe zulässig sind, wurde bereits vielfach diskutiert und vor den OGH getragen. Seit der OGH vor gut einem Jahr in den sog. „Fitnessstudio-Entscheidungen“[1] vertrat, Servicepauschalen nicht als Teil der Hauptleistungspflicht zu sehen und somit der Inhaltskontrolle des § 879 Abs. 3 ABGB zu unterziehen, wurde diesbezüglich ein neues „Kapitel“ aufgeschlagen.

Ein erster Test war das Verfahren, das nun Ende Jänner vom OGH zu GZ 2 Ob 238/23y entschieden wurde. Es hat sich dabei um den ersten beim OGH anhängigen Fall gehandelt, in dem der VKI eine Bank unter Berufung auf die Fitnessstudio-Entscheidungen auf Unterlassung der Verwendung einer AGB-Klausel klagte, mit der eine prozentuelle Bearbeitungsgebühr für die Kreditvergabe vereinbart wurde. Dieser Beitrag stellt die aktuelle Entscheidung und die Fitnessstudio-Entscheidungen vor und bietet einen Überblick über den aktuellen Themenstand.

Die Fitnessstudio-Entscheidungen

Die Kund:innen eines Fitnessstudios hatten zusätzlich zum monatlichen Entgelt (Mitgliedsbeitrag) eine regelmäßig wiederkehrende „Trainings- und Servicepauschale“ zu zahlen. Kund:innen wurden in das Fitnessstudio nur eingelassen, wenn sie eine sog. „MemberCard“ an der Zutrittsschranke präsentierten. Bei Verlust dieser Karte mussten Kund:innen für die Ausstellung einer neuen Karte eine „Aktivierungsgebühr“ bezahlen.

Der OGH kam in seinen Entscheidungen zum Ergebnis, dass eine AGB-Vereinbarung einer Servicepauschale, die zusätzlich zum eigentlichen Entgelt zu entrichten ist, nach § 879 Abs. 3 ABGB gröblich benachteiligend und unzulässig ist, sofern Kund:innen im Gegenzug keine zusätzliche Leistung erhalten.

In den beiden Fitnessstudio-Entscheidungen wurde die Servicepauschale nicht zur Abgeltung einer individuell von Kund:innen in Anspruch genommenen Mehrleistung verrechnet, sondern ganz allgemein allen Kund:innen verrechnet. Die damit abgegoltenen „Services“ stellen keine Zusatzleistungen dar, sondern waren Teil der vertraglichen Gegenleistungspflicht des Fitness-studios. Die Bereitstellung einer elektronischen Zutrittskarte stellt keine zusätzliche Leistung dar, weil der Zutritt zum Fitnessstudio schon durch den Mitgliedsbeitrag abgegolten wird. Durch die zusätzliche Servicepauschale wird das Leistungsversprechen des Fitnessstudios an den:die Kund:in eingeschränkt, denn der:die Kund:in erhält zwar dieselbe Leistung wie ohne Servicepauschale, muss allerdings im Endeffekt mehr für diese Leistung bezahlen.

Grundsätzlich ist eine Pauschalierung von Kosten zulässig, jedoch darf die Pauschale die tatsächlichen Kosten nicht grob überschreiten. Stehen der zusätzlichen Pauschale jedoch überhaupt keine zusätzlichen Leistungen und somit auch keine zusätzlichen Kosten gegenüber, ist die Pauschale nach Ansicht des OGH jedenfalls unzulässig.

Die Entscheidung 9 Ob 94/22x setzte sich nicht nur mit der grundsätzlichen Zulässigkeit einer Servicepauschale auseinander, sondern auch mit deren zulässiger Höhe. Verliert der:die Kund:in des Fitnessstudios seine Zutrittskarte, muss eine neue Karte ausgestellt werden. In diesem Fall liegt grundsätzlich eine zusätzliche Gegenleistung bzw. ein zusätzlicher Mehraufwand für das Unternehmen vor, nämlich die Ausstellung einer neuen Zutrittskarte. Jedoch muss das hierfür verrechnete Entgelt in einem adäquaten Verhältnis zur tatsächlich erbrachten Leistung stehen. Dies ist nach Ansicht des OGH bei der Neuausstellung einer Zutrittskarte und einer Pauschale von ca. EUR 30 bis 40 nicht der Fall. Der Materialwert sei zu vernachlässigen, die alte Karte müsse lediglich gesperrt und eine neue ausgestellt werden. Die Bereitstellung des dafür notwendigen IT-Systems könne eine Pauschale in dieser Höhe nicht rechtfertigen, weil es sich bei der Bereitstellung des IT-Systems um keine zusätzliche Leistung handle.

Key-Take-Aways aus den „Fitnessstudio-Entscheidungen“

Aus den Fitnessstudio-Entscheidungen 4 Ob 59/22p und 9 Ob 94/22x kann man folgende Grundsätze für die Zulässigkeit einer zusätzlich zum regulären Entgelt verrechneten Servicepauschale ableiten.

  • Der Pauschale muss eine tatsächliche Leistung gegenüberstehen. Steht einer Pauschale überhaupt keine Leistung gegenüber, ist sie gröblich benachteiligend i. S. d. § 879 Abs. 3 ABGB und kann nicht wirksam im Rahmen von AGB vereinbart werden.
  • Steht einer Pauschale eine tatsächliche Leistung gegenüber, müssen Leistung und Pauschale in einem angemessenen Verhältnis stehen.

Diese Ergebnisse beziehen sich jedoch nur auf Servicepauschalen, die in AGB vereinbart werden. Auf individueller (einzelvertraglicher) Basis gilt es zwar nicht die Schranken des § 879 Abs. 3 ABGB und des § 6 Abs. 3 KSchG jedoch dennoch die Vorgaben des § 6 Abs. 1 und allenfalls Abs. 2 KSchG sowie die gesetzlichen Grenzen der Privatautonomie im Sinne der Sittenwidrigkeit zu beachten.

Keine Entscheidung durch die aktuelle OGH-Entscheidung 2 Ob 238/23y

Bis zu den Fitnessstudio-Entscheidungen galten Bearbeitungsgebühren zuletzt als grundsätzlich zulässig. Sie wurden als Teil des Entgelts für den Kredit (Effektivzins) erachtet und unterlagen somit nicht der Inhaltskontrolle des § 879 Abs. 3 ABGB. Dies war zumindest der bisherige Zwischenstand der Diskussion seit der Entscheidung OGH 6 Ob 13/16d.

Mit Spannung blickte die Branche daher der Entscheidung des OGH 2 Ob 238/23y entgegen. Man erwartete sich eine Klärung der Frage, ob die zu Fitnessstudios entwickelten Grundsätze auch auf Zusatzentgelte von Banken anwendbar seien.

Leider lieferte der OGH keine Entscheidung. Anstatt die Kreditbearbeitungsgebühr der Inhaltskontrolle gem. § 879 Abs. 3 ABGB zu unterwerfen, umschiffte er ein möglicherweise wegweisendes Urteil, indem er die Klauseln nur nach dem Transparenzgebot beurteilte.

Im konkreten Ausgangsfall wurden neben der Kreditbearbeitungsgebühr auch andere Zusatzentgelte wie Erhebungsspesen, Überweisungsspesen, Kosten für Porto und Drucksorten und eine Kontoführungsgebühr vereinbart. Der OGH erachtete die Bearbeitungsgebühr für sich genommen grundsätzlich als transparent genug, um in AGB vereinbart zu werden. Allerdings kam der OGH zum Ergebnis, dass diese Gebühren zusammengenommen intransparent seien. Ein:e Kund:in könne nicht mehr zweifelsfrei nachvollziehen, welches dieser Zusatzentgelte welche Leistungen abdeckt. Die von diesen Entgelten dem Namen nach abgedeckten Leistungen fallen typischerweise auch im Rahmen der Bearbeitung eines Kredites durch die Bank an. Es sei für den:die Kund:in daher nicht klar, ob sich die genannten Zusatzentgelte überschneiden und welche Leistung von welchem Zusatzentgelt abgedeckt ist. Die Kreditbearbeitungsgebühr ist vor diesem Hintergrund intransparent und daher unwirksam.

Da die Kreditbearbeitungsgebühr schon aus Transparenzgründen unwirksam ist, sah der OGH keinen Anlass, sich mit der Frage zu beschäftigen, ob solche Gebühren (ebenso wie Servicepauschalen im Fitnessstudio) der Inhaltskontrolle unterliegen und (in einem weiteren Schritt) gröblich benachteiligend sind oder nicht. Der OGH vermied somit eine entsprechende Entscheidung.

Der VKI führt aktuell weitere Verfahren wegen Bearbeitungsgebühren und erwartet eine Entscheidung in der vorliegenden Frage voraussichtlich Ende 2024 / Anfang 2025. Es bleibt abzuwarten, ob der OGH in diesen Verfahren ähnliche Auswege nützen wird wie in der vorliegenden Entscheidung, oder ob es zu einer Entscheidung über die gröbliche Benachteiligung der Kund:innen durch Bearbeitungsgebühren kommt.

 

[1] OGH 18.10.2022, 4 Ob 59/22p und OGH 27.04.2023, 9 Ob 94/22x.