Neue Förderleitlinien der Europäischen Kommission werden es den Mitgliedsstaaten ermöglichen, in erheblich größerem Ausmaß Beihilfen in den Bereichen Klimaschutz, Umweltschutz und Energie zu gewähren. Das schafft für Unternehmen verlässliche Voraussetzungen, Investitionen in eine nachhaltige Zukunft zu setzen.

Die Kommission hat im Sommer 2021 einen Entwurf der Leitlinien für Klima-, Umweltschutz- und Energiebeihilfen (die „Leitlinien“) veröffentlicht, um der umfassenden nationalen Subventionierung grüner Projekte den Weg zu ebnen. Dies dient der Verwirklichung des europäischen „Green Deals“, eine der wichtigsten politischen Prioritäten der Kommission. Um das darin festgelegte ambitionierte Ziel der Klimaneutralität bis 2050 zu erreichen, sind nämlich auch erhebliche Investitionen in den Klimaschutz von privaten Unternehmen erforderlich. Damit diese auch tatsächlich und rechtzeitig getätigt werden, müssen sie angemessen staatlich subventioniert werden.

Folgende Hauptziele wurden mit der Überarbeitung der alten Leitlinien verfolgt:

  • Deutliche Erweiterung der förder­fähigen Vorhaben
  • Zulässigkeit höherer Beihilfebeträge
  • Zulässigkeit neuer Beihilfeinstrumente
  • Vereinfachung und Flexibilisierung der Beihilfengewährung

 

Rechtliche Sicherheit

Was bedeuten die Leitlinien für Österreich? In der Praxis muss wegen des Anwendungsvorrangs des Unionsrechts (fast) jede österreichische Förderung dem EU-Beihilfenrecht entsprechen. Das EU-Beihilfenrecht sieht ein grundsätzliches Verbot staatlicher Beihilfen und eine grundsätzliche Genehmigungspflicht der Kommission vor. Allerdings bestehen für diese beiden Vorgaben zahlreiche Ausnahmen. Diese Ausnahmen wurden zwar in umfassenden Rechtsakten näher definiert, dennoch bleiben viele konkrete Anwendungsfragen und Abgrenzungen weitgehend offen.

Hier kommen die Leitlinien ins Spiel: Diese sind zwar keine verbindlichen Rechtsakte, in der Praxis kommt ihnen allerdings erhebliche Bedeutung zu. Die Kommission als Aufsichtsbehörde für staatliche Beihilfen legt darin verbindlich fest, wie sie die Ausnahmen vom Beihilfenverbot im Bereich der Klima-, Umweltschutz- und Energiebeihilfen auslegen wird. Die Mitgliedstaaten können daher ihre staatlichen Beihilfen in diesen Bereichen nach diesen Leitlinien gestalten bzw prüfen und dadurch das Risiko von rechtswidrigen Beihilfen ganz erheblich reduzieren. Die daraus resultierende Rechtssicherheit kommt vor allem auch den Förderwerbern zugute: Rechtswidrige Beihilfen können nämlich (samt Zinsen!) bis zu zehn Jahre nach deren Gewährung auf Anordnung der Kommission zurückgefordert werden. Dies könnte vor allem bei großen Subventionen mitunter die wirtschaftliche Existenz eines Unternehmens bedrohen.

 

Vielfältige Möglichkeiten

Welche Vorhaben gelten als förderfähig? Die wohl wesentlichste Neuerung der Leitlinien liegt darin, dass nicht nur Umweltschutz- und Energiebeihilfen, sondern auch Klimaschutzbeihilfen gefördert werden können. Darunter fallen grundsätzlich alle Beihilfen für Vorhaben und Technologien, die wirksam zu einer Verringerung der Treibhausgasemissionen führen (zB auch Beihilfen zur Verringerung von Emissionen aus Industrieprozessen). Solche Klimaschutzbeihilfen können sowohl als vorab gewährte Investitionszuschüsse als auch als Verträge über laufende Beihilfezahlungen (zB CO2-Differenzverträge) ausgestaltet werden.

Weitere förderfähige Maßnahmen nach den Leitlinien sind unter anderem: Beihilfen zum Erwerb von sauberen Fahrzeugen sowie von entsprechender Lade- bzw Tankinfrastruktur, Beihilfen zur Förderung einer Kreislaufwirtschaft, Beihilfen zu Beratungsleistungen im Umweltschutz- und Energiebereich sowie Beihilfen zur Verbesserung der Gesamtenergieeffizienz von Gebäuden. Für letztere Kategorie ist etwa vorgesehen, dass förderfähige Renovierungen zu einer Verringerung des Primärenergiebedarfs um mindestens 20 Prozent führen müssen. So könnten unter bestimmten Voraussetzungen maximal 30 Prozent (kleine Unternehmen: max 50 Prozent) der damit direkt zusammenhängenden Investitionskosten gefördert werden.

 

Das liebe Geld

Die Leitlinien sehen vor, dass wettbewerbliche Ausschreibungen zum neuen Standardmechanismus für die Gewährung von Beihilfen und die Festsetzung der Höhe der Beihilfen werden. Der Hintergrund: Zulässige Beihilfen müssen auf das für die Durchführung des geförderten Vorhabens erforderliche Maß beschränkt sein. Dies ist in der Regel anzunehmen, wenn die Beihilfe maximal der Finanzierungslücke entspricht – also den zur Verwirklichung des Ziels der Beihilfemaßnahme erforderlichen Nettomehrkosten (im Vergleich zur Alternativmaßnahme). Dies ist in der Praxis teilweise nur schwer darzulegen, was zu erheblichem Aufwand und Rechtsunsicherheit führen kann. Hier sollen die weitgehend verpflichtenden Ausschreibungen Abhilfe schaffen: Wettbewerbliche Bieterverfahren geben nach den Leitlinien zuverlässig darüber Aufschluss, wie hoch eine Beihilfe zumindest sein muss, um das geförderte Ziel zu erreichen.

Solche Ausschreibungen müssen ua eine ausreichende Zahl an Bietern anziehen, offen und diskriminierungsfrei sein und mit einem verbindlichen Höchstwert begrenzt sein, „sodass voraussichtlich nicht allen Bietern eine Beihilfe gewährt werden kann“. Die Leitlinien sehen nur wenige Ausnahmen für die Ausschreibungspflicht vor. Ausgenommen sind etwa Beihilfen für Investitionen in die Stromerzeugung oder -speicherung bis zu einer Leistung von 400 kW.

 

Im Umbruch

Der öffentlichen Hand stehen bereits jetzt vielfältige Möglichkeiten offen, Energie- und Umweltbeihilfen zu gewähren. Mit Veröffentlichung dieser Leitlinien in ihrer Endfassung werden diese Möglichkeiten hinsichtlich der förderbaren Vorhaben massiv erweitert (va Klimaschutzbeihilfen) und außerdem deutlich flexibler gestaltet. In den nächsten Jahren wird diesen Leitlinien große Bedeutung zukommen:  Darauf gestützte staatliche Subventionen werden es künftig vielen Unternehmen ermöglichen, unter verlässlichen Voraussetzungen die notwendigen Investitionen in eine nachhaltige Zukunft zu setzen.