Unlängst hatte sich der OGH (wieder einmal) mit Zweck und damit der Reichweite der Formpflicht des § 76 GmbHG auseinanderzusetzen. Wenngleich die wesentlichen Aussagen nicht neu sind, lohnt es sich doch, die Entscheidung und die Grundlagen des § 76 GmbHG etwas näher zu beleuchten.

Sachverhalt

Der Kläger verkaufte seinen Geschäftsanteil an einer GmbH an zwei Neugesellschafter. Über die Abtretung wurde ein Notariatsakt errichtet, während in einer gesonderten (offenbar formlosen) Urkunde die Zahlung des Kaufpreises zur ungeteilten Hand durch die Neugesellschafter vereinbart wurde.

Der Kläger begehrte die Zahlung des Restkaufpreises von einem der beiden Neugesellschafter. Der Beklagte wandte ein, dass die formlose Vereinbarung der Solidarhaftung dem Formgebot des § 76 Abs 2 GmbHG widerspreche.

Kernaussagen des OGH

Der OGH wiederholt im Zurückweisungsbeschluss seine ständige Rechtsprechung, nach der § 76 Abs 2 GmbHG folgenden Zwecken dient:

  • Immobilisierung: Geschäftsanteile sollen nicht zum Gegenstand des Handelsverkehrs gemacht werden.
  • Beweissicherung: Klarheit über wirtschaftliche Zuordnung und Sicherstellung der Identität des jeweiligen Gesellschafters.
  • Schutz vor Übereilung: Dem Erwerber sollen die Risken, die mit einem Erwerb einer Beteiligung an einer Kapitalgesellschaft einhergehen, bewusst gemacht werden und soll er angehalten werden, sich mit den Gefahren auseinanderzusetzen, die mit einem Geschäftsanteil an einer GmbH üblicherweise verbunden sind.

Von der Formpflicht nicht umfasst sind Vereinbarungen, die bloß in wirtschaftlichem Zusammenhang mit der Anteilsübertragung stehen, wie insbesondere der Kaufpreis bzw. die Gegenleistung.

Fazit und Takeaways für die Praxis

  • Vereinbarungen, die bloß im wirtschaftlichen Zusammenhang mit der Anteilsübertragung stehen, sind von der Formpflicht nicht umfasst. Dies gilt auch für die Regelung zum Kaufpreis.
  • Entsprechend besteht keine Aufklärungspflicht des Notars in wirtschaftlicher Hinsicht, was auch mit den Grundsätzen zur Beraterhaftung korrespondiert.
  • Der Notariatsakt soll dem Erwerber vielmehr die Risiken, die mit dem Erwerb einer Beteiligung an einer Kapitalgesellschaft einhergehen, bewusst machen. Er soll sich mit dem Kaufobjekt als solchem, also einem Geschäftsanteil an einer Gesellschaft mit beschränkter Haftung, und den damit „üblicherweise verbundenen Gefahren“ auseinandersetzen: Aufgeklärt werden muss daher wohl über die (gesetzliche) Haftung des GmbH-Gesellschafters – und zwar (i) obwohl diese „üblicherweise“ nicht schlagend wird, und (ii) auch dann, wenn eine bestehende Beteiligung ausgebaut wird.
  • Die Aufklärungspflicht dehnt sich auch dann nicht auf das Unternehmen der GmbH und üblicherweise damit zusammenhängende (künftige) Risiken aus, wenn eine Mehrheitsbeteiligung erworben wird. Der Katalog operativer Zusicherungen ist daher ebenso wenig notariatsaktspflichtig wie die Earn-Out-Klausel (und die dazugehörige Absicherung des Verkäufers).

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