In seiner neuesten COVID-Entscheidung (8 Ob 131/21d) schlägt der OGH erstmals einen vermieterfreundlicheren Ton an. Im Zusammenhang mit einem Gastronomiebetrieb hat er sich im Detail mit der Frage der teilweisen Unbenutzbarkeit eines Bestandgegenstands auseinandergesetzt und dabei besonderes Augenmerk auf den Vertragszweck gelegt:

Ist die vertragsgemäße charakteristische Nutzung eines Bestandobjekts nur eingeschränkt möglich, so normiert § 1105 ABGB die teilweise Herabsetzung des Mietzinses im Umfang der Gebrauchsbeeinträchtigung. Im Falle eines Gastronomiebetriebs hat der OGH daher geprüft, ob der Verwendungszweck „Gastgewerbe“ auch Take-away sowie die Lieferung von Speisen und Getränken beinhaltet. Der OGH hält in diesem Zusammenhang fest, dass unter die Gewerbeberechtigung für das Gastgewerbe auch die Lieferung und damit der Verkauf von Speisen und Menüs ohne Nebenleistungen fällt. Ferner berechtigt § 111 Abs 4 Z 4 lit a GewO den Gastwirt insbesondere dazu, alles, was er den Gästen im Betrieb verabreicht, z.B. auch Torten und Mehlspeisen (auch im Ganzen), über die Gasse zu verkaufen.

Der OGH hat sich zudem ausführlich mit der Frage beschäftigt, ob die Unbrauchbarkeit bzw Unbenützbarkeit anhand eines objektiven Maßstabes zu beurteilen ist. Während diese Frage in der Literatur kritisch betrachtet wird, folgt der OGH der Ansicht, dass bereits die abstrakte Nutzungsmöglichkeit des Mieters zu einer zumindest teilweisen Brauchbarkeit des Bestandobjekts und damit zu einer (nur) anteiligen Mietzinsminderung nach der relativen Berechnungsmethode führt. Für die Beurteilung komme es weder darauf an, ob der Mieter schon vor der Pandemie einen Liefer- oder Abholservice betrieben habe, noch ob er subjektiv von dieser Möglichkeit Gebrauch gemacht habe.

Dem Mieter steht allerdings der Einwand offen, dass die Etablierung eines bisher nicht betriebenen Take-away sowie Lieferservices nicht (sofort) zumutbar gewesen wäre. Die Beweislast hierfür trifft den Mieter.

Für andere Fälle möglicher Mietzinsherabsetzung wird das bedeuten, dass sich das Hauptaugenmerk auf den Verwendungs- bzw Mietzweck zu richten hat und anhand weiterer Quellen (wie zB Gewerberecht) zu beurteilen sein wird, in welcher Weise der Mieter das Mietobjekt zumindest teilweise hätte weiterverwenden können.