Nach dem letztjährigen Swarovski-Urteil (18 OCg 3/22y vom 03.04.2024) zu Schiedsklauseln in Gesellschaftsverträgen von Personengesellschaften hat der OGH in der vorliegenden Entscheidung nunmehr weitere Klarstellungen zu Beschlussmängeln bei Personengesellschaften getroffen.

Sachverhalt

Die Kläger sind Kommanditisten einer GmbH & Co KG. Sie beantragten die Feststellung der Nichtigkeit von Gesellschafterbeschlüssen, die in der Gesellschafterversammlung gefasst wurden. Hintergrund war, dass ihre Stimmen bei der Auswertung nicht berücksichtigt worden seien. Beklagte war die Gesellschaft. Die Kläger stützen sich dabei auf eine Regelung im Gesellschaftsvertrag, wonach Klagen wegen Beschlussmängeln gegen die Gesellschaft zu richten seien.

Die beklagte Gesellschaft wandte ein, dass die Klage gegen alle Gesellschafter hätte gerichtet werden müssen, weil nur so die Rechtskraft und Friedensfunktion eines Feststellungsurteils gewährleistet sei. Der OGH beantwortete die relevante Frage bislang (bewusst) nicht. In der Lit wurde die Frage bislang unterschiedlich beantwortet.

Kernaussagen des OGH

Einheitliche Streitpartei bei Beschlussanfechtung …

Zunächst referiert der OGH die ständige Rechtsprechung, nach der Feststellungsklagen aus dem Gesellschaftsverhältnis grundsätzlich immer sämtliche Gesellschafter auf Kläger‑ oder Beklagtenseite erfassen müssen. Dieses Erfordernis ergibt sich daraus, dass andernfalls das Urteil keine materielle Rechtskraft gegenüber den nicht beteiligten Gesellschaftern entfalten und insofern nicht die dem Feststellungsurteil zukommende Friedensfunktion erfüllen könne.

Der OGH hält dahingehend auch fest, dass das Modell der Beschlussanfechtungsklage mit gesetzlicher Rechtskrafterstreckung, wie es im GmbH- und Aktienrecht vorgesehen ist, nicht auf Personengesellschaften übertragbar ist. Die mangelnde Analogiefähigkeit wird dabei mit dem erhöhten Bedürfnis nach Rechtssicherheit bei einer Vielzahl von Aktionären begründet – unter Berücksichtigung der gesetzestypischen Unterschiede von Kapitalgesellschaften einerseits und Personengesellschaften andererseits im Hinblick auf die Zahl der Gesellschafter. Die konkrete Ausgestaltung (also etwa Einpersonen-GmbH oder Publikums-KG) bleibt dann irrelevant.

… auch bei Zuweisung der Beklagtenstellung an die Gesellschaft im Gesellschaftsvertrag

Kern der Entscheidung ist die Klarstellung, dass Beschlussanfechtungsklagen auch dann sämtliche Gesellschafter auf Kläger‑ oder Beklagtenseite erfassen müssen, wenn im Gesellschaftsvertrag vereinbart wurde, dass nur die Gesellschaft geklagt werden kann. Eine entsprechende Regelung ist unbeachtlich.

Die gesellschaftsvertragliche Zuweisung der Beklagtenstellung an die Gesellschaft führt – anders als nach BGH – nach Ansicht des OGH auch nicht zu einer schuldrechtlichen Bindung der Gesellschafter an Urteile, die gegen die Gesellschaft ergehen.

Mangels Zulässigkeit stellt die gesellschaftsvertragliche Regelung auch keine Prozessstandschaft der Gesellschaft dar.

Der OGH musste nicht näher prüfen, ob die gesellschaftsvertragliche Zuweisung der Beklagtenstellung im Gesellschaftsvertrag als Prozessvollmacht der Gesellschaft qualifiziert werden kann, um im Namen der Gesellschafter Beschlussanfechtungsprozesse zu führen. Dies wurde von den Klägern offenbar nicht vorgebracht.

Fazit

Die noch im Swarovski-Urteil (18 OCg 3/22y) offen gebliebene Frage nach der Zulässigkeit der gesellschaftsvertraglichen Zuweisung der Passivlegitimation zur Gesellschaft scheint mit dem vorliegenden Erkenntnis geklärt.

Key Takeaways für die Praxis

  • Feststellungsklagen über die Wirksamkeit von Gesellschafterbeschlüssen einer Personengesellschaft müssen alle Gesellschafter auf Kläger- oder Beklagtenseite erfassen (notwendige Streitgenossenschaft).
  • Das Modell der Beschlussanfechtung mit Rechtskrafterstreckung aus dem GmbH- und Aktienrecht ist auf Personengesellschaften nicht übertragbar.
  • Eine gesellschaftsvertragliche Klausel, die nur die Gesellschaft als Beklagte vorsieht, kann die gesetzlich erforderliche Beteiligung aller Gesellschafter nicht ersetzen.
  • Die Rechtskraft eines Urteils kann nicht durch vertragliche Vereinbarung auf nicht am Verfahren beteiligte Gesellschafter erstreckt werden.
  • Eine gewillkürte Prozessstandschaft ist unzulässig – die Klagebefugnis ist untrennbar mit dem materiellen Recht verbunden.

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