Die Kreditinstitute-Immobilienfinanzierungsmaßnahmen-Verordnung („KIM-VO“) der Finanzmarktaufsicht (FMA) legt neue Vergabekriterien für private Wohnimmobilienkredite fest. Der Verordnungstext wurde am 17. Juni 2022 kundgemacht und basiert auf einer Empfehlung des Finanzmarktstabilitätsgremiums (FMSG) sowie einer gutachterlichen Äußerung der österreichischen Nationalbank (OeNB) gemäß § 23h BWG. Ziel dieser Maßnahmen ist die Verminderung von festgestellten Veränderungen in der Intensität des systemischen Risikos bei Fremdkapitalfinanzierungen von Wohnimmobilien. Es soll eine nachhaltige Kreditvergabe erreicht werden. Die Rückzahlungsfähigkeit des Kreditnehmers steht im Vordergrund.

Die neuen Vergabekriterien für private Wohnimmobilienfinanzierung sehen eine Beleihungsquote von maximal 90% vor und schränken die maximale Laufzeit von Finanzierungen auf 35 Jahre ein. Darüber hinaus ist auch eine Obergrenze für die Schuldendienstquote von 40% vorgesehen (Verhältnis zwischen Zins- und Tilgungsleistung und dem Einkommen des Kreditnehmers).

Ausgenommen sind gemäß § 5 KIM-VO Wohnimmobilienfinanzierungen, wenn die Summe sämtlicher aushaftender Kreditverbindlichkeiten des Kreditnehmers (einschließlich der neu abzuschließenden) höchstens EUR 50.000,- beträgt (kreditnehmerbezogene Geringfügigkeitsgrenze). Die Obergrenze für ausgenommene Finanzierungen beträgt 2% an allen vom KI neu vereinbarten privaten Wohnimmobilienfinanzierungen. Weiters bestehen institutsbezogene Ausnahmekontingente, die es den Kreditinstituten ermöglichen, die vorgeschriebenen Obergrenzen gemäß § 4 KIM-VO zu überschreiten. Diese liegen in Bezug auf die (i) Beleihungsquote bei höchstens 20%, in Bezug auf die (ii) Schuldendienstquote bei höchstens 10% und in Bezug auf die (iii) Laufzeit bei höchstens 5% der jeweils neu vereinbarten privaten Wohnimmobilienfinanzierungen.

Anwendungsbereich:

Anwendbar sind die Regelungen auf inländische KI sowie ausländische KI mit inländischer Niederlassung. KI, die im Wege der Dienstleistungsfreiheit aus dem Ausland in Österreich Kredite anbieten, sind nicht umfasst. Eine private Wohnimmobilienfinanzierung liegt vor, wenn der Bau oder Erwerb von Wohnimmobilien für Verbraucher finanziert werden soll. Als zusätzliches Anwendbarkeitskriterium sieht die Verordnung vor, dass der Kredit mit einer inländischen Liegenschaft besichert werden oder zumindest ein Kreditnehmer seinen Hauptwohnsitz im Inland haben muss. Ausgenommen sind ua Prolongationen bestehender Finanzierungen bis zur Höhe der aushaftenden Restverbindlichkeit.

Ferner gelten die Regelungen nur für „neue“ Wohnimmobilienfinanzierungen, dh nach dem Inkrafttreten der KIM-VO am 1. August 2022 neu abgeschlossene Finanzierungen. Bei Erhöhungen gilt nur der Erhöhungsbetrag berechnet im Vergleich zum aushaftenden Betrag als tatsächlich neue und somit relevante Wohnimmobilienfinanzierung.

Ausblick:

Das Begutachtungsverfahren zur neuen Verordnung ist seit 20. Mai 2022 abgeschlossen. Es gab zahlreiche kritische Rückmeldungen aus dem Bankensektor. Es wurden insbesondere mehr Ausnahmeregelungen sowie eine höhere Geringfügigkeitsgrenze eingefordert. Aufgrund der Anregungen und Diskussionen im Begutachtungsverfahren wurde die Geringfügigkeitsgrenze entgegen dem ersten Verordnungsentwurf von EUR 40.000,- auf EUR 50.000,- erhöht. Die Verordnung tritt am 1. August 2022 in Kraft und soll am 30. Juni 2025 automatisch wieder außer Kraft treten.

Mit Inkrafttreten der KIM-VO stellt sich die Frage, inwieweit Immobiliensuchende Zugang zu alternativen Finanzierungsformen haben. Auch könnten Bauträger angehalten sein, sich Mietkaufmodelle oder Modelle mit Kaufpreisratenzahlungen zu überlegen, um so allfällige Finanzierungslücken zu schließen. Bauträger sollten sich jedenfalls dazu Gedanken machen, da die geplanten Maßnahmen die für den geplanten Immobilienankauf zur Verfügung stehende Liquidität jedenfalls reduzieren werden.