1.              Ausgangslage

Die wirtschaftliche Lage hat sich in den letzten Monaten zunehmend verschlechtert, angefeuert durch den Krieg in der Ukraine, Sanktionen, drohende Erdgas- und Energieengpässe und Nachwehen der Corona-Lockdowns. Kaum eine Anlageform konnte über die letzten Monate Renditen abwerfen. Während Aktien und Fonds erst seit wenigen Monaten mit Kursverlusten zu kämpfen haben, ist mit anderen Anlageformen wie Anleihen oder gar Sparguthaben schon seit Jahren kaum mehr Geld zu verdienen.

Dennoch sind gemeinnützige Stiftungen nach dem BStFG häufig dazu verpflichtet, ihr Vermögen vor allem in letzteren Anlageformen – Anleihen und Bargeld – zu halten. Dies hat massive Konsequenzen auf die Fähigkeit der Stiftungen und Fonds, ihrem jeweiligen Zweck nachzukommen und stellt die Stiftungen und Fonds vor akuten Handlungsbedarf.

2.              Zulässige Anlageformen

  • 8 Abs 1 Z 5 BStFG verpflichtet gemeinnützige Stiftungen und Fonds dazu, ihr Vermögen nach den Bestimmungen des § 446 ASVG anzulegen, sofern der Gründer nichts anderes bestimmt hat. § 446 ASVG regelt die Vermögensveranlagung von Sozialversicherungsträgern und sieht dementsprechend „konservative“ Anlagemöglichkeiten, insbesondere Bargeld und Anleihen mit hoher Bonität vor.

Für die Beurteilung der Bonität können Mindest-Ratings der vom Markt anerkannten Rating-Agenturen (Moody’s, S&P, Fitch) herangezogen werden.[1] Veranlagungen in nachrangige Schuldverschreibungen (nachrangige Wertpapiere) sind nicht zulässig.[2] Verboten ist auch jegliches Investment in Aktien oder Aktienfonds.[3]

3.              problem der Veranlagungsvorschrift des § 446 asvg

Diese strengen Veranlagungsvorschriften für Sozialversicherungsträger wurden ua auch als Reaktion auf die Finanzkrise 2008 geprägt.[4] Im Wesentlichen bleiben verschiedene Arten von Anleihen, Bargeld und Fonds, die ausschließlich Anleihen und Bargeld beinhalten, erlaubt. Schon seit Jahren sind mit diesen Anlagemöglichkeiten nur mehr sehr schwierig zufriedenstellende Renditen zu erwirtschaften.

Im Falle von Sozialversicherungsträgern, die laufend über Sozialversicherungsbeiträge finanziert werden, scheinen derart strenge Veranlagungsvorschriften sinnvoll. Angelegtes Vermögen der Sozialversicherungsträger soll nicht in Hoffnung auf Gewinne riskant veranlagt werden. Es ist auf Grund der Sozialversicherungsbeiträge auch nicht erforderlich, dass dieses Vermögen Erträge abwirft, aus denen der laufende Betrieb finanziert wird.

Gänzlich anders sieht es im Hinblick auf gemeinnützige Stiftungen und Fonds aus. Oftmals wird diesen mit der Gründung einmalig ein Kapitalstock zur Verfügung gestellt (etwa durch einen erblassenden Stifter), manchmal wird dieses Kapital durch weitere Spenden ergänzt. Stiftungen sind auf Dauer gewidmet und dürfen für die Erfüllung des Stiftungszweckes ausschließlich Erträge ihres Vermögens heranziehen, nicht jedoch den Kapitalstock.[5] Im aktuellen wirtschaftlichen Umfeld wird gemeinnützigen Stiftungen die Erfüllung ihres Stiftungszwecks dadurch deutlich erschwert. Wie soll eine Stiftung ihren Zweck erfüllen und gemeinnützige oder mildtätige Leistungen erbringen, wenn sie dazu auf Einkünfte aus Anlageformen mit minimalen oder gar negativen Renditen angewiesen ist? Das aktuelle inflationäre Umfeld und die damit einhergehende Geldentwertung tut, selbst wenn nominell positive Renditen erwirtschaftet werden können, ihr Übriges.

Diese Problematik stellt sich insbesondere für jene Stiftungen, die zu einer Zeit errichtet wurden, als die genannten Veranlagungsformen noch in der Lage waren regelmäßig Gewinne abzuwerfen und den Zweck der Stiftung zu finanzieren, und der Gründer die Anwendbarkeit des § 446 ASVG daher nicht ausgeschlossen hat.

Ähnlich gestaltet sich die Situation im Hinblick auf Fonds nach dem BStFG. Anders als Stiftungen dürfen diese zwar auch ihren Kapitalstock heranziehen, um ihre Aufgaben zu erfüllen, und sind nicht auf Dauer gewidmet. Eine gesetzlich vorgeschriebene Veranlagung in aktuell großteils verlustbringende Anlageformen, und eine damit kürzere Lebensdauer des Fonds, kann jedoch nicht zielführend sein.

4.              Vermögenssicherung und -Vermehrung nicht möglich!

Gemeinnützige oder mildtätige Stiftungen und Fonds nach dem BStFG sind somit scheinbar dazu „verdammt“, ihr Vermögen verlustbringend oder zumindest sehr unrentabel anzulegen und – in Anbetracht der derzeit vergleichsweise hohen Inflation – negative reale Renditen zu erwirtschaften.

Dies steht jedoch in deutlichem Widerspruch zur eigentlichen Zielsetzung des § 446 Abs 1 ASVG. Primär sind nämlich Anlagesicherheit und Liquidität sicherzustellen, und die zur Anlage verfügbaren Mittel sodann, wenn die primären Ziele erfüllt werden können, möglichst „zinsbringend“ anzulegen. Dies jedoch nur in den genannten Anlageformen.

Mit einer „sicheren“ Anlage wird § 446 ASVG vor allem meinen, Verluste zu vermeiden, also etwa, dass eine Anlage bspw. nominell weniger wert wird. Im aktuellen inflationären Umfeld rücken für Stiftungen aber zunehmend auch reale Kaufkraftverluste in den Fokus. Schon vor den aktuellen wirtschaftlichen Schwierigkeiten war eine Rendite in der Höhe der aktuellen Inflation von 9,2 %[6] selbst mit Aktien schwierig zu erwirtschaften, bloß mit Bargeld und Anleihen de facto unmöglich zu erreichen. Anleihen höchster Bonität, wie § 446 ASVG dies teilweise verlangt, werfen idR nochmals geringere Renditen ab, als Anleihen weniger kreditwürdiger Emittenten.[7]

Die Veranlagungsvorschriften des § 446 ASVG bewirken aktuell somit, dass gemeinnützige Stiftungen und Fonds ihr Vermögen nur in Anlageformen halten dürfen, deren Kaufkraft stetig an Wert verliert. Diese Veranlagungsvorschriften widersprechen daher ihrem eigentlichen Ziel, den Wert des Vermögens zu sichern.

Darüber hinaus wird sämtlichen an § 446 ASVG gebundenen Stiftungen die Erfüllung des Stiftungszwecks massiv erschwert oder gar verunmöglicht. Durch die Geldentwertung wird auch die zukünftige Fähigkeit der Stiftungen, ihren Zweck zu erfüllen, verringert.

5.              Handlungsoptionen

  • 8 Abs 1 Z 5 BStFG gibt dem Gründer die Möglichkeit, die Anwendung des § 446 ASVG auszuschließen. Diesfalls wäre die Stiftung oder der Fonds an keine besonderen Veranlagungsformen mehr gebunden, und könnte bspw. in Immobilien, Aktien oder auch Derivate investieren. Hat der Gründe die Anwendung des § 446 ASVG nicht ausdrücklich ausgeschlossen, kann die Gründungserklärung auf Indizien für einen implizierten Ausschluss untersucht werden. Ob ein implizierter Ausschluss vorliegt, ist anhand des Einzelfalls zu beurteilen.

Sollte der Gründer die Anwendung des § 446 ASVG nicht abbedungen haben, ließe sich in einem weiteren Schritt die Satzung der Stiftung durch den Vorstand ändern. Dazu muss die Satzung dem Vorstand eine Änderung jedoch ermöglichen und darf diese nicht ausschließen.[8] Auch dies ist im Einzelfall zu beurteilen. Lässt sich mit den durch § 446 ASVG vorgesehenen Anlageformen langfristig kein Gewinn erzielen, und erwirtschaftet die Stiftung somit keine Erträge, aus denen sie den Stiftungszweck finanzieren kann, ist eine Änderung der Satzung auch gegen den Willen des Gründers möglich.[9]

[1] Hattenberger in Mosler/Müller/Pfeil, Der SV-Komm § 446 ASVG Rz 4 (Stand 31.12.2012, rdb.at).
[2] § 446 Abs 1 ASVG.
[3] Hattenberger in Mosler/Müller/Pfeil, Der SV-Komm § 446 ASVG Rz 2 (Stand 31.12.2012, rdb.at).
[4] Hattenberger in Mosler/Müller/Pfeil, Der SV-Komm § 446 ASVG Rz 2 (Stand 31.12.2012, rdb.at).
[5] § 2 Abs 1 BStFG.
[6] Statistik Austria, Pressemitteilung: 12.864-162/22 Inflation im Juli 2022 laut Schnellschätzung bei 9,2 %, abgerufen am 10.08.2022 um 14:16 Uhr.
[7] Hattenberger in Mosler/Müller/Pfeil, Der SV-Komm § 446 ASVG Rz 4 (Stand 31.12.2012, rdb.at).
[8] § 11 Abs 2 Z 1 BStFG.
[9] § 11 Abs 2 Z 2 BStFG.

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Georg Wimmer