Der OGH hat am 23.10.2025 in den Entscheidungen 2 Ob 52/25y und 2 Ob 92/25f klargestellt, dass Kreditbearbeitungsentgelte nur dann zulässig sind, wenn sie den tatsächlichen Aufwand der Bank nicht grob überschreiten und für Kreditnehmer transparent und nachvollziehbar gestaltet sind. Diese Entscheidungen knüpfen an die Rechtsprechung 7 Ob 169/24i aus dem Jahr 2025 an, in der die dort konkret vereinbarte prozentuale Bearbeitungsgebühr als unzulässig beurteilt wurde, und präzisieren die Anforderungen an Begründung und Transparenz solcher Entgelte.

1. Zeitlicher Überblick über die Rechtsprechung zur Zulässigkeit von Bearbeitungsgebühren und Servicepauschalen

Seit der Entscheidung des OGH 6 Ob 13/16d aus dem Jahr 2016 galten prozentual bemessene Servicepauschalen und Bearbeitungsgebühren (somit auch Kreditbearbeitungsgebühren) grundsätzlich als zulässig. Damals wurden derartige Bearbeitungsgebühren als Teil des Entgelts klassifiziert und unterlagen daher keiner inhaltlichen Kontrolle im Rahmen der Klauselprüfung von Allgemeinen Geschäftsbedingungen (AGB), insbesondere nicht der sogenannten Inhaltskontrolle wegen gröblicher Benachteiligung (§ 879 Abs 3 ABGB). Die Inhaltskontrolle betrifft nur Nebenleistungspflichten, nicht jedoch die Hauptleistungspflichten eines Vertrags. Da das Entgelt eine klassische Hauptleistungspflicht darstellt und Bearbeitungsgebühren als Teil des Entgelts angesehen wurden, wurden sie damals keiner inhaltlichen Kontrolle durch die Gerichte unterzogen.

Vor dem Hintergrund jüngerer EuGH-Judikatur (u. a. Caixabank: C-224/19 und C-259/19) hat der OGH in den sogenannten Fitnessstudio-Entscheidungen der Jahre 2022 und 2023 (OGH 4 Ob 59/22p; OGH 9 Ob 94/22x) sowie einigen Folgeentscheidungen erkannt, dass Entgelte sehr wohl der Inhaltskontrolle des § 879 Abs 3 ABGB unterliegen. Aus den Fitnessstudio-Entscheidungen ergab sich insb. folgendes:

  • Einer pauschalen Gebühr muss eine tatsächliche Leistung gegenüberstehen. Fehlt eine solche Leistung (steht der Gebühr also gar keine zusätzliche Leistung gegenüber), ist die Gebühr gröblich benachteiligend im Sinne des § 879 Abs 3 ABGB und kann nicht wirksam in AGB vereinbart werden.
  • Steht der Gebühr eine tatsächliche zusätzliche Leistung gegenüber, muss die Gebühr in einem angemessenen Verhältnis zur erbrachten Leistung stehen.
  • Diese Rückschlüsse gelten jedoch nur für klauselhaft vereinbarte Nebengebühren. Werden solche Gebühren individuell ausgehandelt, unterliegen sie nicht der AGB-Kontrolle.

So verneinte der OGH beispielsweise eine Gebühr für die Neuausstellung einer Zutrittskarte zu einem Fitnessstudio mit der Begründung, dass der Zutritt bereits durch den Mitgliedsbeitrag abgegolten sei. Eine weitere Leistung des Fitnessstudios sei in der Ausstellung einer Zutrittskarte nicht ersichtlich. Weiters entschied der OGH, dass pauschale Entgelte grundsätzlich in einem angemessenen Verhältnis zur tatsächlich erbrachten Leistung stehen müssen. So waren EUR 40 für die Ausstellung einer Plastikkarte mit vernachlässigbarem Materialwert in den Augen des OGH nicht gerechtfertigt. Dies bedeutet jedoch nicht, dass eine Pauschalierung oder eine Gewinnmarge per se unzulässig sind. Vielmehr muss die Klausel so gestaltet sein, dass das pauschale oder prozentual bemessene Entgelt in Relation zum tatsächlichen Aufwand gesetzt werden kann.

Mit der Entscheidung 7 Ob 169/24i setzte der OGH diesen Gedankengang erstmals konkret im Kreditbereich um. Der Gerichtshof hatte zu prüfen, ob die im Anlassfall vereinbarte, prozentual an der Kredithöhe bemessene Kreditbearbeitungsgebühr zulässig ist, und kam zu dem Ergebnis, dass solche Klauseln den Kreditnehmer gröblich benachteiligen. Der OGH argumentierte, dass sich der tatsächliche Bearbeitungsaufwand einer Bank nicht in Abhängigkeit von der Kreditsumme vervielfacht. Es sei nicht nachvollziehbar, warum sich der Aufwand einer Bank für die Bearbeitung eines Kredits in Höhe von beispielsweise EUR 220.000 von jenem für die Bearbeitung eines Kredits über EUR 440.000 unterscheiden sollte. Eine doppelt so hohe Kreditbearbeitungsgebühr sei daher gröblich benachteiligend und somit nicht zulässig.

2. Die aktuellen Entscheidungen 2 Ob 52/25y und 2 Ob 92/25f

Mit den am 23.10.2025 ergangenen Entscheidungen setzte der OGH seine jüngere Rechtsprechung zu Kreditbearbeitungsentgelten fort und präzisierte die maßgeblichen Kriterien. Während in 7 Ob 169/24i vor allem die prozentuale Bemessung im Mittelpunkt stand, befasste sich der OGH nun mit pauschal oder betragsmäßig festgelegten Entgelten, die entweder inhaltlich überhöht oder für Kunden nicht nachvollziehbar waren.

In 2 Ob 52/25y hielt der OGH fest, dass ein Bearbeitungsentgelt nur zulässig ist, wenn es in einem sachlich gerechtfertigten Verhältnis zum tatsächlichen Aufwand der Bank steht. Eine Pauschale müsse zwar den Aufwand nicht punktgenau widerspiegeln, sei jedoch nur so lange zulässig, als die angefallenen Kosten nicht grob überschritten werden. Im konkreten Fall berief sich die Bank auf einen durchschnittlichen Zeitaufwand von 20 bis 23 Stunden. Selbst unter Einbeziehung der Kosten für eingesetzte Software war offenkundig, dass die vereinbarten Bearbeitungsspesen von EUR 20.850 den tatsächlichen Aufwand grob überschritten. Der OGH sah darin einen Verstoß gegen § 879 Abs 3 ABGB und verpflichtete die Bank zur Rückzahlung der vereinnahmten Spesen.

Daneben befasste sich der OGH in 2 Ob 92/25f mit der Transparenz der Entgeltgestaltung und stellte klar, dass Kreditbearbeitungsgebühren für Verbraucherinnen und Verbraucher inhaltlich nachvollziehbar sein müssen, sodass bereits aus der Klausel hervorgeht, welche konkrete Leistung abgegolten wird und nach welchen Kriterien sich die Höhe des Entgelts bemisst. Im konkreten Fall verrechnete die Bank neben einem pauschalen Bearbeitungsentgelt von EUR 12.150 weitere Positionen (etwa Grundbuchsüberprüfung und Liegenschaftsbesichtigung), ohne dass erkennbar war, wofür der Pauschalbetrag tatsächlich steht oder wie er gebildet wurde. Der OGH wertete dies als Verstoß gegen das Transparenzgebot des § 6 Abs 3 KSchG und hielt fest, dass die bloße Bezeichnung als „Bearbeitungsgebühr“ oder „Bearbeitungskosten“ nicht ausreicht. Fehlt eine verständliche Erläuterung oder ist die Berechnungsgrundlage nicht ersichtlich, ist die Klausel unwirksam, und die vereinnahmten Spesen sind zurückzuzahlen.

3. Auswirkungen der aktuellen OGH-Entscheidungen

Mit dieser Judikaturlinie zeichnet sich nunmehr ab, dass

  • prozentual bemessene Kreditbearbeitungsgebühren Gefahr laufen, bei grober Kostenüberschreitung als gröblich benachteiligend und damit unzulässig qualifiziert zu werden;
  • dass fixe oder pauschale Gebühren nur dann zulässig sind, wenn sie angemessen und nachvollziehbar gestaltet werden.

Kreditinstitute müssen daher genau dokumentieren, welche Tätigkeiten das Bearbeitungsentgelt abdeckt, und diese dürfen den tatsächlichen Aufwand betraglich nicht grob überschreiten.

Vor diesem Hintergrund stellt sich die Frage, welche konkreten rechtlichen Konsequenzen sich aus der Unzulässigkeit solcher Kreditbearbeitungsentgelte für bereits abgeschlossene Kreditverträge ergeben, in denen das Entgelt klauselhaft vereinbart und vom Kreditnehmer bezahlt wurde. Grundsätzlich bedeutet der Wegfall der Klausel, dass die vertragliche Grundlage für die Einhebung entfällt. Bereits vereinnahmte Kreditbearbeitungsentgelte sind nach den bereicherungsrechtlichen Grundsätzen des § 1431 ABGB zurückzuerstatten. Ein Vertrauensschutz in den Fortbestand der früheren Judikaturlinie besteht nicht.

Die Unwirksamkeit der betreffenden Klauseln wirkt sich demnach auch auf die Prozesslandschaft aus. Die Entscheidungen und die dennoch verbleibende Rechtsunsicherheit werden voraussichtlich zu einer erheblichen Zunahme an Rückforderungsprozessen führen. Verbraucherschutzorganisationen und Prozessfinanzierer haben bereits angekündigt, die Urteile als Grundlage für weitere Klagen gegen jene Kreditinstitute zu nutzen. Es ist daher davon auszugehen, dass die Rechtsprechung eine breite Überprüfung bestehender Kreditverträge nach sich ziehen wird.

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