Vermeidung von Risiken bei Zusammenarbeit in virtuellen Teams und in der Matrixorganisation

Der Verwaltungsgerichtshof hat jüngst entschieden, dass auch virtuelle Arbeitskräfteüberlassungen dem Arbeitskräfteüberlassungsgesetz (AÜG) und den darin enthaltenen Verpflichtungen für Überlasser und Beschäftiger unterliegen (VwGH 29. April 2025, Ro 2024/11/0002-6). Diese Entscheidung ist nicht nur relevant für „typische“ Arbeitskräfteüberlassungen, bei denen Arbeitnehmer an externe Unternehmen überlassen werden. Vielmehr hat diese Entscheidungen auch Auswirkungen auf den Einsatz von Mitarbeitern innerhalb eines Konzerns, der typischerweise virtuell erfolgt und mit keinem physischen Arbeitseinsatz bei einer anderen Konzerngesellschaft verbunden ist. Zu denken ist dabei an Zusammenarbeit in virtuellen Teams, Projektarbeit oder Matrixorganisationen.

Inhalt:

Zur Entscheidung
Virtuelle Teams, Matrixorganisationen und Projektarbeit – Bedeutung für Arbeitgeber
Fazit

Zur Entscheidung

Im den der Entscheidung zugrundeliegenden Sachverhalt wurden Arbeitnehmer im Rahmen ihres Arbeitsverhältnisses mit ihrem österreichischen Arbeitgeber für Unternehmen in Drittstaaten tätig („outbound“). Die Arbeitnehmer blieben dabei physisch in Österreich und arbeiteten nur „remote“ für die ausländischen Unternehmen. Trotz der ausschließlich virtuellen Tätigkeit lag laut VwGH eine Arbeitskräfteüberlassung in einen Drittstaat vor, womit im Wesentlichen die Entscheidung des Landesverwaltungsgerichts Wien bestätigt wurde. Das Landesverwaltungsgericht führte in zweiter Instanz aus, dass die Arbeitnehmer auch bei einer ausschließlich „remoten“ Tätigkeit – wie der verfahrensgegenständlichen Tätigkeit – in den Betrieb des ausländischen Unternehmens eingegliedert seien und dessen Dienst- und Fachaufsicht unterstehen würden. Ein physischer Arbeitseinsatz beim Beschäftiger sei dafür nicht erforderlich. Darüber hinaus ist der Entscheidung nicht weiter entnehmbar, inwiefern die Eingliederung der Arbeitnehmer in die ausländischen Unternehmen erfolgte.

Im gegenständlichen Fall wäre daher eine Überlassungsbewilligung für Überlassungen in Drittstaaten einzuholen gewesen. Da diese nicht vorlag, wurde gegen den Vertreter des österreichischen Arbeitgebers eine Verwaltungsstrafe verhängt.

Virtuelle Teams, Matrixorganisationen und Projektarbeit – Bedeutung für Arbeitgeber

Virtuelle Arbeitskräfteüberlassungen wurden in der Vergangenheit oftmals nicht dem Regime des AÜG unterworfen, da strittig war, ob Tätigkeiten, die ausschließlich remote erfolgen, überhaupt Arbeitskräfteüberlassungen sein können. Nach der Entscheidung des Verwaltungsgerichtshofs ist ein rein „virtuelles“ Tätigwerden für den Beschäftiger allein kein Ausschlussgrund für eine Arbeitskräfteüberlassung. Dies ist jedenfalls für klassische Arbeitskräfteüberlassungen zu berücksichtigen. Aber auch konzerninterne Sachverhalte, bei denen eine (virtuelle) Zusammenarbeit von Mitarbeitern über die Arbeitgeber- bzw. Gesellschaftsgrenzen hinweg vorliegt, kommen damit auf den Prüfstand: Ist die virtuelle Zusammenarbeit so gestaltet, dass sie die Merkmale einer Arbeitskräfteüberlassung erfüllt, sind die Bestimmungen des AÜG auch für virtuelle Überlassungen zu beachten und einzuhalten. Relevante Kriterien für die Prüfung sind dabei z. B. die Dienst- und Fachaufsicht, Weisungs- und Kontrollbefugnisse, aber u. a. auch wem die Arbeitsergebnisse letztlich zukommen. Liegt eine Arbeitskräfteüberlassung vor, bedeutet dies insbesondere Compliance mit gewissen formalen Verpflichtungen (wie z. B. Informationspflichten gegenüber Arbeitnehmern, Zustimmungserfordernis der Arbeitnehmer) sowie mit materiellen Mindestarbeitsbedingungen.

Fazit

Die Zusammenarbeit mit Unternehmen in Drittstaaten, auch wenn es sich um Konzerngesellschaften handelt, muss geprüft und möglicherweise auch alternativ umgesetzt werden, um rechtliche Risiken für Unternehmen und deren Vertreter zu vermeiden.

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