Legal Insights
Transparente Vergütung
Status quo der Vergütungsberichterstattung in Österreich
Eine Kurzanalyse der ersten Vergütungsberichte nach der Neuregelung untersucht den (neuen) Status quo der Vergütungsberichterstattung in Österreich und zeigt, wie ATX-Unternehmen mit den neuen Berichtspflichten umgehen.
Kurzer Blick zurück: Mit dem AktRÄG 20191 wurde die 2. Aktionärsrechte-Richtlinie (ARRL II)2 mit Wirksamkeit zum 23.07.2019 in österreichisches Recht (§§ 78a bis 78e, 98a AktG) umgesetzt. Die ARRL II hatte das erklärte Ziel, Transparenz und Angemessenheit von Managervergütungen zu steigern. Entsprechend wurde vorgesehen, dass die Hauptversammlung (HV) der börsennotierten Aktiengesellschaft (AG) nunmehr mittels der sogenannten „Vergütungspolitik“ einen äußeren Rahmen für Vergütungsentscheidungen vorgeben kann. Über die den Organmitgliedern gewährten Vergütungen ist in der Folge eine „Vergütungsbericht“ zu erstellen, der wiederum der HV vorzulegen ist.
Best Practice
Die Europäische Kommission hat im März 2019 einen Entwurf für unverbindliche Leitlinien zur Erstellung des Vergütungsberichts3 veröffentlicht, der eine weitgehend standardisierte Berichterstattung zu Vorstandsvergütungen vorsieht. Auch wenn bislang keine finale Fassung veröffentlicht wurde, sind diese Leitlinien als „Best Practice“ hinsichtlich des Vergütungsberichts zu verstehen. Die Leitlinien empfehlen (vgl in diesem Zusammenhang auch die Bestimmungen des Österreichischen Corporate Governance Kodex4), dass Angaben zu fixen und variablen Gehaltsbestandteilen zu machen sind. Dabei sind fixe Gehaltsbestandteile aufzuschlüsseln in Grundgehalt (base salary), Honorare (fees) und sonstige Vorteile (fringe benefits). Variable Gehaltsbestandteile sollen in einjährige und mehrjährige variable Gehaltsbestandteile aufgeschlüsselt werden. Weiters sind Angaben zu außerordentlichen Zahlungen (zB Signing Bonus, Abfertigungen, Erstattungen für Umzugskosten und Schadloshaltungen) zu machen und auch Kosten im Zusammenhang mit den Organmitgliedern gewährten Pensionen anzugeben. Abschließend ist die Gesamtvergütung, die Summe aller genannten Vergütungsbestandteile, anzugeben sowie das Verhältnis zwischen fixen und variablen Gehaltsbestandteilen anzuführen.
In Österreich arbeitet das Austrian Financial Reporting and Auditing Committee (AFRAC) an einer Anleitung für die Erstellung des Vergütungsberichts und hat einen Entwurf der geplanten Stellungnahme im September 2020 veröffentlicht.5
Analyse der ATX-Vergütungsberichte 2019
Eine Analyse der Vergütungsberichte der österreichischen ATX-Unternehmen für das Jahr 2019 zeigt, dass eine Standardisierung der Vergütungsberichte aktuell noch nicht eingetreten ist: So findet sich etwa in 19 der 20 untersuchten Vergütungsberichte6 zwar eine tabellarische Aufstellung der fixen und variablen Gehaltsbestandteile der Vorstandsmitglieder, allerdings werden variable Vergütungsbestandteile nur in vier Fällen (20 Prozent) wie in den Leitlinien vorgesehen in einjährige und mehrjährige variable Vergütungsbestandteile aufgeschlüsselt. Angaben zum Verhältnis zwischen fixer und variabler Vergütung werden in nur fünf Vergütungsberichten gemacht.
Insgesamt 16 Vergütungsberichte machen genauere Angaben zu den Grundsätzen der Vergütungspolitik der jeweiligen Gesellschaft. Hinsichtlich der Berechnung variabler Vergütungsbestandteile wird großteils auf nicht näher spezifizierte Kriterienkataloge verwiesen, konkrete Berechnungsmuster werden in lediglich vier Berichten offengelegt. Grundsätzlich gibt es eine große Bandbreite an Informationen hinsichtlich der gewährten variablen Vergütungen: das Spektrum reicht vom Hinweis darauf, dass die leistungsabhängige Vergütung von messbaren Kriterien abhängt und das Fixum nicht überschreitet, bis hin zu mehrseitigen Beschreibungen von Performance-Kriterien samt Zielerreichungsangaben.
Derzeit führt ein Viertel der ATX-Unternehmen Aktienoptionsprogramme für Vorstandsmitglieder. Ein Instrument zur langfristigen Incentivierung von Vorstandsmitgliedern, das sich zunehmender Beliebtheit erfreut, sind auch sogenannte „virtuelle Anteile“, mittels derer bei der Ermittlung der Zielerreichung und – in der Folge der tatsächlichen Vergütung – bestimmte Kennzahlen mit steigenden Aktienkursen verknüpft werden können. Aktuell gibt es in acht der 20 gelisteten ATX-Unternehmen derartige Programme, wobei die virtuellen Anteile bzw damit verbundenen Vergütungen teils in Aktien, teils bar ausbezahlt werden. Auffallend ist, dass in keinem der untersuchten Vergütungsberichte eine tabellarische Aufstellung (in der Form wie in den Leitlinien der Kommission vorgesehen) gewährter Aktien enthalten ist.
Während in den Leitlinien empfohlen wird, die Zielerreichung der Vorstandsmitglieder (samt Kriterien und Gewichtung) ebenfalls tabellarisch dazustellen, finden sich nur in wenigen der untersuchten Vergütungsberichte Aussagen zu den konkreten Zielen bzw Darstellungen zum Grad der Zielerreichung. Eine vergleichende Übersicht, in der Vorstandsvergütungen und Unternehmenserfolg für die letzten fünf Geschäftsjahre dargestellt werden, ist noch in keinem der analysierten Vergütungsberichte enthalten.
Zu berücksichtigen ist allerdings, dass das regelungstechnische Räderwerk „Vergütungspolitik – Vergütungsbericht – Leitlinien der Europäischen Kommission zum Vergütungsbericht“ (sollten sie demnächst finalisiert werden) erst im Geschäftsjahr 2021 vollständig ineinandergreift, da die vorliegenden Vergütungsberichte sich noch nicht auf eine ebenfalls erst in diesem Jahr erstellte und allenfalls völlig neu ausgestaltete Vergütungspolitik beziehen können.
Zusammenfassung und Ausblick
Insgesamt sind die Vergütungsberichte der ATX-Unternehmen aktuell schon aufgrund der uneinheitlichen und unterschiedlichen Gliederung nur mit einigem Aufwand vergleichbar. Vereinzelt scheinen Vergütungsberichte auch noch nicht in Einklang mit den gesetzlichen Erfordernissen des § 78c AktG zu stehen und erfüllen die Erfordernisse des Entwurfs der Leitlinien nur zum Teil. Diesbezüglich ist den betroffenen Unternehmen zu empfehlen, ihre jeweilige Vergütungsberichterstattung unter die Lupe zu nehmen und gegebenenfalls an die Best Practice anzupassen, sowie im Falle der Finalisierung der Leitlinien diese jedenfalls zu berücksichtigen. Die noch für Dezember 2020 geplante Veröffentlichung der Stellungnahme des AFRAC kann dazu zusätzliche Anleitung geben.
1 Aktienrechts-Änderungsgesetz 2019, BGBl I 2019/63.
2 Richtlinie (EU) 2017/828 des Europäischen Rates vom 17.5.2017 zur Änderung der Richtlinie 2007/36/EG im Hinblick auf die Förderung der langfristigen Mitwirkung der Aktionäre, ABl L 132 vom 20.5.2017, S 1.
3 abrufbar unter: https://ec.europa.eu/info/sites/info/files/rrg_draft_21012019.pdf
4 Regel C27 ff ÖCGK
5 vgl https://www.afrac.at/wp-content/uploads/Entwurf_AFRAC-Stellungnahme_Verguetungsbericht_Sept_2020.pdf
6 Andritz, AT&S, BAWAG, CA Immo, Do & Co, ERSTE, Immofinanz, Lenzing, Mayr-Melnhof, OMV, Raiffeisen, Schoeller-Bleckmann,
S Immo, Telekom Austria, UNIQA, Verbund, Vienna Insurance, voestalpine, Wienerberger, Österreichische Post.
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