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OGH zu Kapitalerhöhungen bei gründungsprivilegierten GmbHs
OGH bestätigt die herrschende Literaturansicht und anerkennt damit die grundsätzliche Zulässigkeit von Kapitalerhöhungen bei gründungsprivilegierten GmbHs
Hintergrund…
Der Oberste Gerichtshof (OGH) hatte kürzlich zu entscheiden, ob bzw unter welchen Voraussetzungen Kapitalerhöhungen bei gemäß § 10b GmbHG gründungsprivilegierten Gesellschaften mit beschränkter Haftung zulässig sind (6 Ob 54/20i). Diese Fragestellung ist vor allem für Start-Ups bei der Rechtsformwahl, insbesondere in Hinblick auf die spätere Durchführung von Finanzierungsrunden, von wesentlicher Bedeutung.
In aller Kürze…
Der OGH bestätigt die herrschende Literaturansicht und anerkennt damit die grundsätzliche Zulässigkeit von Kapitalerhöhungen bei gründungsprivilegierten GmbHs. Begründend führt der Gerichtshof aus, dass (i) § 10b GmbHG kein Verbot einer Kapitalerhöhung für die gründungsprivilegierte GmbH normiert, und (ii) die Voraussetzungen für eine teleologische Reduktion der §§ 52 GmbHG nicht vorliegen.
Eine nachträgliche Schaffung von gründungsprivilegierten Stammeinlagen lehnt der OGH mit Verweis auf § 10b GmbHG allerdings ab und kommt somit für Neugesellschafter zu dem Ergebnis, dass diese die Gründungsprivilegierung nicht in Anspruch nehmen können. Die Durchführung einer Kapitalerhöhung ist damit nur durch die Schaffung von neuen, nicht gründungsprivilegierten Stammeinlagen möglich; die Gründungsprivilegierung für die bestehenden Stammeinlagen darf dabei beibehalten werden. Im Zuge der Kapitalerhöhung entsteht damit in der Gesellschaft ein Nebeneinander der gründungsprivilegierten Stammeinlagen der Gründungsgesellschafter und der nicht gründungsprivilegierten Stammeinlagen der Neugesellschafter. Dies ist insofern schlüssig, als sich die wesentlichen Gesellschafterrechte ohnehin nach der Stammeinlage (und nicht etwa nach der gründungsprivilegierten Stammeinlage oder der Einzahlung auf die Stammeinlage) richten. Sowohl der Gesellschaftsvertrag als auch die Firmenbuchanmeldung haben dies entsprechend abzubilden, andernfalls ist die Eintragung der Kapitalerhöhung (wie im Anlassfall) zu versagen.
Was gelten soll, wenn im Zuge der Kapitalerhöhung keine neuen Gesellschafter in die GmbH eintreten, lässt der OGH mangels Relevanz im Anlassfall offen.
Auswirkungen
Die gegenständliche Entscheidung trägt wesentlich zur Schaffung von Rechtssicherheit für junge Unternehmen und Start-Ups – insbesondere bei Finanzierungsrunden – bei und steigert damit auch die Attraktivität der gründungsprivilegierten GmbH. Nicht zuletzt ist vor dem Hintergrund dieser Entscheidung auch eine Vereinheitlichung der bislang recht unterschiedlichen Praxis der Firmenbuchgerichte zu erwarten.
Offen bleibt weiterhin, was in Konstellationen gelten soll, in denen Gründungsgesellschafter die Kapitalerhöhung zeichnen – und zwar sowohl bei ausschließlicher Beteiligung von Gründungsgesellschaftern an der Kapitalerhöhung, als auch bei Beteiligung von Gründungsgesellschaftern und Neugesellschaftern. Unseres Erachtens sind derartige Kapitalerhöhungen zulässig, da (i) Gründungsgesellschafter nicht gezwungen werden können, die Gründungsprivilegierung durch Einzahlung der Stammeinlagen vorzeitig zu beenden und so bei der Kapitalerhöhung mitzuwirken, und (ii) auch keine Gläubigerschutzerwägungen (weder im Zusammenhang mit der Kapitalaufbringung noch hinsichtlich der Transparenz gegenüber Gläubigern) entgegenstehen.
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