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Legal Newsflash: OGH - Mindestzinsklausel bei Unternehmerkredit zulässig
Ausgangslage – Rechtsunsicherheit bezüglich der Zulässigkeit von Mindestzinsvereinbarungen
Die Frage nach der Zulässigkeit von Mindestzinsklauseln in Unternehmerkrediten wurde in jüngerer Vergangenheit rege diskutiert. Im Juni 2019 beschäftigte sich der OGH in seiner Entscheidung 1 Ob 75/19i mit einer in einem Unternehmerkreditvertrag zur Aufstockung eines bestehenden Kredites enthaltenen Zinsvereinbarung, welche eine variable Verzinsung in Höhe von 2 % Punkten über dem jeweiligen 3-M EURIBOR vorsah. Der anzuwendende Zinssatz sollte jedoch jederzeit zumindest 2,75 % betragen. Es handelt sich dabei, soweit erkennbar, um die erste Entscheidung des OGH zu einer Mindestzinsvereinbarung in einem Unternehmerkredit.
Mindestzinsvereinbarung zulässig, aber…
Diese Zinsvereinbarung wurde vom OGH im Lichte von § 879 Abs 3 ABGB geprüft, wonach gröblich benachteiligende Bestimmungen in Allgemeinen Geschäftsbedingungen, Vertragsformblättern oder von einer Partei vorformulierten Erklärungen einer anderen Partei unwirksam sind. Während Mindestzinsklauseln in Unternehmerkreditverträgen häufig und typischerweise einzeln ausgehandelt werden, war dies im gegenständlichen Fall hinsichtlich des Aufstockungskredites nicht so, denn es wurde ein vorformulierter Kreditvertrag verwendet, dessen Zinsvereinbarung im Wesentlichen der im ursprünglichen Kreditvertrag vorgesehenen entsprach. Deshalb wurde eine Überprüfung der Zinsvereinbarung auf Grundlage von § 879 Abs 3 ABGB überhaupt rechtlich möglich.
Es war für die Entscheidung des OGH wesentlich, dass § 879 Abs 3 ABGB nur auf Vertragsbestimmungen anzuwenden ist, welche nicht eine der beiderseitigen Hauptleistungen betreffen. Dementsprechend unterliegt die „individuelle ziffernmäßige Umschreibung der Hauptleistung“ nicht der Kontrolle gemäß § 879 Abs 3 ABGB, allgemeine Umschreibungen bezüglich weiterer Details der Preisberechnung hingegen schon.
Der OGH gelangte zum Ergebnis, dass der Mindestzins von 2,75 % eine ziffernmäßige Umschreibung der von der Kreditnehmerin jedenfalls zu erbringenden Hauptleistung darstelle, die damit nicht der Überprüfung gemäß § 879 Abs 3 ABGB unterliegt.
Der OGH thematisierte auch die scheinbare inhaltliche Abweichung der gegenständlichen Entscheidung von der Entscheidung 3 Ob 47/16g, in welcher eine Mindestgrenze des im Rahmen der Berechnung eines Leasingentgelts anwendbaren variablen Zinssatzes gegenständlich war – und als unzulässig beurteilt wurde. In jener Entscheidung habe laut OGH jedoch die Mindestzinsklausel lediglich einen von mehreren Faktoren in einer „komplexen Entgeltberechnungsklausel“ betroffen, weshalb es sich nicht um die ziffernmäßige Umschreibung der Hauptleistungspflicht des Leasingnehmers gehandelt habe. Dementsprechend liege in der gegenständlichen Entscheidung keine Abweichung von der bestehenden Judikatur.
… nach wie vor keine abschließende Klarheit in Bezug auf Gleitzinsklauseln
Im Ergebnis bedeutet dies, dass Mindestzinsvereinbarungen in Unternehmenskrediten jedenfalls dann zulässig sind, wenn sie die Hauptleistungspflicht des Kreditnehmers ziffernmäßig umschreiben.
Nicht abschließend geklärt ist jedoch die Frage, inwiefern im Rahmen einer Gleitzinsklausel die Erhöhung des anwendbaren Zinssatzes über den Mindestzins hinaus als Folge einer Erhöhung des Referenzzinssatzes zulässig ist. Es sei zunächst angemerkt, dass diese Frage erst dann von Relevanz ist, wenn die Gleitzinsvereinbarung nicht einzeln ausverhandelt wurde.
Diese Frage wurde vom OGH in der vorliegenden Entscheidung nicht inhaltlich beantwortet, weil der tatsächlich zur Anwendung gelangte Zinssatz den Mindestzins von 2,75 % nie überschritten hat. Unseres Erachtens spricht vieles dafür, dass (i) diese Variabilität nach oben hin ebenso wie der Mindestzinssatz als ziffernmäßige Umschreibung der Hauptleistungspflicht des Kreditnehmers zu betrachten ist, womit sie keiner Überprüfung nach § 879 Abs 3 ABGB zugänglich ist, und (ii) die aus der Möglichkeit einer Abweichung nur nach oben hin resultierende Asymmetrie nicht als „gröblich benachteiligend“ iSv § 879 Abs 3 ABGB zu bewerten ist. Dies deshalb, weil es sich um eine Preisberechnung nach vorab bestimmten und transparenten Parametern handelt. Es wird keine übermäßige und leicht erkennbare Äquivalenzstörung begründet.
Es empfiehlt sich jedoch den jeweiligen Kreditvertrag und die darin vorgesehene Zinsvereinbarung im Einzelfall einer rechtlichen Prüfung zu unterziehen, da auch in Anbetracht der hier erörterten Entscheidung des OGH nicht sämtliche Unsicherheiten in diesem Zusammenhang ausgeräumt wurden.