Legal Insights
Home Sweet Home
Arbeiten im Homeoffice – ein arbeitsrechtlicher Überblick
Spätestens seit Beginn der „Coronakrise“ im März 2020 hat der bestehende Trend des flexiblen sowie digitalisierten Arbeitens nochmals schlagartig an Bedeutung gewonnen. Wenngleich die von einigen Staaten nun geschaffenen Möglichkeiten zum langfristigen Arbeitsaufenthalt am Paradiesstrand ein Rechtsberatungsthema mit beschränktem Adressatenkreis bleiben wird, ist das Homeoffice für eine Vielzahl von Unternehmen nun neue Normalität – vermutlich auch auf dauerhafter Basis. Das Thema wird uns weiter beschäftigen – vor allem, weil für den Frühling 2021 neue gesetzliche Regelungen geplant sind. Dieser Beitrag zielt darauf ab, wesentliche Aspekte des Homeoffice aus aktueller arbeitsrechtlicher Sicht zu beleuchten.
Disloziertes Arbeiten
Als disloziertes Arbeiten wird generell die Arbeitsverrichtung außerhalb der Räumlichkeiten des Arbeitgeberbetriebes verstanden. Eine häufige Form des dislozierten Arbeitens ist die Arbeitsverrichtung im eigenen Zuhause der Arbeitnehmer („Homeoffice“). Aus Arbeitgebersicht ist wesentlich, dass die Arbeit im Homeoffice keinesfalls einen rechtsfreien Raum darstellt.
Gerade zu Beginn der „Coronakrise“ wurde häufig diskutiert, ob Arbeitgeber die Arbeitsverrichtung im Homeoffice anordnen dürfen. Grundsätzlich kommt es bei dieser Frage auf die Vereinbarung im Arbeitsvertrag an. Ist dieser so formuliert, dass eine Anordnung von Homeoffice seitens des Arbeitgebers möglich ist, kann der Arbeitgeber seine Mitarbeiter einseitig in ihr Homeoffice „schicken“. Da eine Tätigkeit im Homeoffice auch die persönliche Sphäre des Arbeitnehmers betrifft, wird insbesondere bei längerfristiger Dauer regelmäßig eine entsprechende Vereinbarung erforderlich sein. Es gilt außerdem zu beachten, dass einige Kollektivverträge für Homeoffice/Telearbeit zwingend den Abschluss von entsprechenden Vereinbarungen vorsehen. Dies trifft jedenfalls dann zu, wenn Homeoffice dauerhaft zum Einsatz kommt. Sollte es sich hier nur um eine einmalige und vorübergehende Maßnahme handeln sprechen gute Argumente dafür von diesem Erfordernis abzusehen.
Vergütung für das Arbeiten zu Hause?
Durch die Arbeit im Homeoffice kann es für Arbeitnehmer zu Mehrkosten kommen (zB Kosten durch den Einsatz eigener Arbeitsmittel, erhöhter Stromverbrauch, Internet etc). Grundsätzlich muss ein Arbeitgeber seinen Arbeitnehmern jene finanziellen Aufwände ersetzen, die ihnen in Erbringung ihrer Arbeitsleistung entstehen (klassisches Beispiel: Kilometergeld für den Einsatz des Privat-PKWs). Der Aufwandersatz kann vertraglich pauschaliert oder – soweit der Kollektivvertrag keinen Kostenersatz vorschreibt – auch ausgeschlossen werden. Gerade wenn aber die Betriebsmittel vom Arbeitgeber zur Verfügung gestellt werden, die Internetverbindung problemlos über das bestehende WLAN abgedeckt ist und die Wohnung auch ohne Homeoffice gebraucht und geheizt wird, stellt sich die Frage, wie der Aufwand für das Homeoffice fair und richtig beziffert werden kann. Um Rechtsstreitigkeiten zu vermeiden, sollte das Thema Aufwandsersatz jedenfalls vertraglich geregelt werden. Gerade zu diesem Punkt sind aber auch gesetzliche Klarstellungen zu erwarten.
Einhaltung von Arbeitnehmerschutzvorschriften
Auch im Homeoffice gelten Arbeitnehmerschutzvorschriften wie beispielsweise das Arbeitszeitgesetz (AZG), Arbeitsruhegesetz (ARG) und das ArbeitnehmerInnenschutzgesetz (ASchG). Das Homeoffice wird als auswärtige Arbeitsstelle qualifiziert. Während die Sicherstellung der Einhaltung des AZG sowie des ARG durchaus möglich sind, ist die Einhaltung des ASchG doch mit einigem höheren Aufwand verbunden. Beispielsweise die Einhaltung von Regelungen zu ergonomischen Arbeitsplätzen wird in der Praxis im Homeoffice nur unter hohem arbeitgeberseitigem Aufwand zu bewerkstelligen sein. Im März 2020 wurde außerdem beschlossen, den gesetzlichen Unfallversicherungsschutz auf Unfälle im Homeoffice zu erweitern. Bis dahin bestand keine klare Regelung. Diese Erweiterung gilt jedoch nur befristet bis 31. Dezember 2020 – die weitere Entwicklung ist abzuwarten.
Bring Your Own Device
Insbesondere Betriebe, in denen vor Ausbruch der „Coronakrise“ disloziertes Arbeiten nicht gelebt wurde, standen im März 2020 vor dem Problem, dass die bestehenden Betriebsmittel nicht auf Arbeiten im Homeoffice ausgerichtet waren. Hier wurde häufig spontan auf die Verwendung arbeitnehmereigener Arbeitsmittel (private Computer und Mobiltelefone) zurückgegriffen. Das Verwenden privater Geräte für Arbeitszwecke ist auch unter Bring Your Own Device (BYOD) bekannt. BYOD bringt jedoch zahlreiche rechtliche Fragen und Probleme mit sich. Als Beispiele sind hier nur die Themen Abgeltung/Haftung für Schäden, Datenschutz und Kontrollmöglichkeiten des Arbeitgebers genannt. Wird beispielsweise ein privater Laptop eines Arbeitnehmers auch von anderen Familienmitgliedern verwendet und speichert der Arbeitnehmer Dokumente mit sensiblen Daten ohne besonderen Schutz, kann es schnell zu Verstößen gegen ua das Datenschutzrecht kommen.
Betriebszugehörigkeit von Arbeitnehmern im Homeoffice
Auch Arbeitnehmer, die ausschließlich im Homeoffice arbeiten, gelten nach dem Arbeitsverfassungsgesetz (ArbVG) als dem Betrieb zugehörig. Das kann nach der Rechtsprechung unter gewissen Voraussetzungen auch für Arbeitnehmer gelten, die von einem österreichischen Betrieb beschäftigt werden, deren Homeoffice jedoch im Ausland liegt. Auch diese Arbeitnehmer haben daher ein Recht, an den Betriebsversammlungen teilzunehmen und den Betriebsrat zu wählen.
Homeoffice im Ausland kann weitere Stolpersteine bringen: Hier ist etwa an die ungewollte Begründung einer Betriebsstätte sowie den möglichen Verlust eines an den regelmäßigen Aufenthalt gebundenen Aufenthaltstitels für ausländische Arbeitskräfte zu denken.
Regelung von Homeoffice
Wenn das Homeoffice zur Dauereinrichtung wird, sollten einheitliche Regelungen für die betroffenen Arbeitnehmer geschaffen werden. Zunächst ist festzulegen, wann Homeoffice überhaupt in Frage kommt. Soll es das Recht auf Homeoffice-Tage geben oder bleibt das Homeoffice weiterhin an die Zustimmung des Unternehmens gebunden? Darauf aufbauend können weitere Bereiche, wie zB Arbeitszeit (Erreichbarkeit/Arbeitszeitaufzeichnungen/Überstunden), Datenschutz, Betriebsmittel (mögliche/notwendige Zusatzausstattung) und Aufwandersatz einer Regelung zugeführt werden. Abhängig von den konkreten Themenbereichen der Homeoffice Policy kommt auch der Abschluss einer Betriebsvereinbarung in Betracht bzw kann der Betriebsrat den Abschluss einer Betriebsvereinbarung verlangen.
Neues Gesetzespaket am Weg
Derzeit wird von den Sozialpartnern an einem neuen Gesetzespaket für eine umfangreichere Regelung von Homeoffice gearbeitet. Laut Informationen des Bundesministeriums für Arbeit, Familie und Jugend (BMAFJ) soll das Gesetzespaket sowohl Regeln für den kurzfristigen Einsatz von disloziertem Arbeiten als auch Regeln für längerfristige Homeoffice-Vereinbarungen vorsehen. Derzeit (Oktober 2020) entwerfen die aus den Sozialpartnern zusammengesetzten Arbeitsgruppen neue Regelungen, erste Ergebnisse sollen im März 2021 vorliegen. Die weitere Entwicklung muss daher von den Personalverantwortlichen im Auge behalten werden.
ANSPRECHPARTNER
Mag. Elisabeth Wasinger, LL.M.
Partner
+43 1 3103256-4806
E-Mail
Mag. Valerie Kalnein
Rechtsanwaltsanwärterin
+43 1 3103256-4815
E-Mail