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Legal Newsflash – Aufgriffsrecht eines Mitgesellschafters in der Insolvenz?
Praktische Auswirkungen des OLG Linz eher gering
Hintergrund…
In Österreich sind GmbHs regelmäßig personalistisch ausgestaltet. Damit geht das Interesse der Gesellschafter einher, den Kreis der ihnen angehörenden Personen zu kontrollieren. Dazu dienen die Vinkulierung ebenso wie die Vereinbarung von Aufgriffsrechten – gerade für den Fall der Exekution in den Geschäftsanteil eines Mitgesellschafters oder der Insolvenz eines Mitgesellschafters.
Diesem Interesse der (Mit-)Gesellschafter steht das Interesse der Gläubiger eines Gesellschafters entgegen, den Geschäftsanteil im Bedarfsfall bestmöglich verwerten zu können. Insofern besteht ein Interesse an der grundsätzlichen Unwirksamkeit von Aufgriffsrechten im Fall der Exekution oder Insolvenz, so eine alternative (allenfalls günstigere) Verwertung des Geschäftsanteils verhindert wird. Für den Fall der Wirksamkeit des Aufgriffsrechts besteht (zumindest) ein Interesse an der Angemessenheit der Vergütung für den Fall der Ausübung des Aufgriffsrechts.
In aller Kürze…
Wie der oben dargestellte Interessenkonflikt zu lösen ist, wurde vom OGH bislang noch nicht abschließend geklärt. Gesichert ist nur, dass die Vereinbarung eines unangemessen niedrigen Aufgriffspreises unzulässig ist. In diesem Sinn entschied das OLG Linz (6 R 95/19m) kürzlich zutreffend, dass die gesellschaftsvertragliche Vereinbarung eines Aufgriffsrechts für den Insolvenzfall unzulässig ist, wenn der Aufgriffspreis einen 50-prozentigen Abschlag auf den nach dem Wiener Verfahren ermittelten Wert vorsieht. Die Eintragung des entsprechenden Gesellschaftsvertrages in das Firmenbuch war daher zu versagen.
Die Aussagen des OLG Linz gehen aber über den gesicherten Meinungsstand hinaus. Das OLG Linz führt unter anderem aus, dass:
- es im Insolvenzfall gemäß § 26 Abs 3 IO keine Immunisierung des Geschäftsanteils gegenüber dem Zugriff der Gläubiger gibt – der Insolvenzverwalter ist somit nicht an das dem Aufgriffsrecht zugrundeliegende Anbot des Gemeinschuldners gebunden; und
- aus der Anwendung von § 26 Abs 3 IO die Unzulässigkeit von Aufgriffsrechten im Insolvenzfall folge.
… Schlussfolgerung
Die Aussagen des OLG Linz überraschen, weil
- die zutreffende (mittlerweile ganz) herrschende Lehre zutreffend von der Unanwendbarkeit von § 26 Abs 3 IO auf gesellschaftsvertragliche Aufgriffsrechte ausgeht, gegenteilige Rechtsprechung des OGH nicht existiert; und
- selbst im Fall der Anwendbarkeit von § 26 Abs 3 IO eine gesellschaftsvertragliche Vereinbarung über ein Aufgriffsrecht im Insolvenzfall nicht unzulässig wäre – Der Insolvenzverwalter wäre an die entsprechende Übertragungspflicht schlichtweg nicht gebunden.
Die praktischen Auswirkungen des OLG Linz scheinen bislang eher gering. In den Sprengeln des OLG Wien und des OLG Innsbruck wurden zuletzt Aufgriffsrechte für den Insolvenzfall (weiterhin) eingetragen. Selbst vom LG Linz (als Handelsgericht) wurden entsprechende Regelungen noch nach der gegenständlichen Entscheidung des OLG Linz eingetragen. Inwiefern die Regelung dann im Fall der Insolvenz eines (Mit-)Gesellschafters auch durchsetzbar ist, bleibt unklar. Bei angemessenem Aufgriffspreis sprechen die besseren Gründe für die Durchsetzbarkeit.